TOVE 22
Das Festival an der Weser, Unterweser

Tove Jansson und die Mumintrolle – Die Welt war damals sehr groß
Gemeinsam mit der Kunstschule im Packhaus, dem Schiffahrtsmuseum Brake und dem virtuellen Muminforschungszentrum findet 2022 das Kulturprojekt Tove Jansson und die Mumintrolle – Die Welt war damals sehr groß, kurz TOVE 22 – statt.

Rückblick

Tag für Tove (2.10.2022)

Ein Bericht von , (Fotos: Wolfgang Mauersberger)

Nicht nur Hauptstädte, auch kleinere Orte haben in Sachen Literatur oft Großartiges zu bieten: In Brake / Unterweser fand bis zum 2.10.22 das ungeheuer vielseitige Festival „Tove 22“ statt, mit einer Ausstellung rund um die finnlandschwedische Autorin und Künstlerin Tove Jansson und ihre Mumins, einem Schreibwettbewerb für Schulen, Aktionstagen, Konzerten und zum krönenden Abschluss einem ganzen Tag rund um Tove Jansson. Hier trat unter anderem ihre langjährige Übersetzerin Dorothea Bjelfvenstam (89) auf, die eigens aus Stockholm angereist war und von ihrer persönlichen Beziehung zu Tove Jansson und auch ihrem intensiven Briefwechsel berichtete. Auf dem Foto oben ist sie ganz rechts zu sehen, links ihre Tochter, die Schauspielerin und Sprecherin Charlotta Bjelfvenstam aus Berlin, in der Mitte die Münchner Literaturkritikerin Kristina Maidt-Zinke, die den Tag als Moderatorin mitgestaltete.

Die Erzählungen der hellwachen und bestens gelaunten Dorothea Bjelfvenstam machten Tove Jansson (1914-2001) noch einmal ganz lebendig, etwa als sie davon berichtete, wie Jansson 1963 zum ersten Mal bei ihr in Stockholm zu Besuch war und im Kinderzimmer einen mannshohen Mumin an die Wand malte. Diese wertvolle Zeichnung wurde später aus der Holzwand ausgesägt und steht derzeit gut verpackt auf einem Dachboden der schwedischen Hauptstadt … Auch der Austausch über frühere Übersetzungen, die in den 1960er Jahren vom damaligen Schweizer Verlag Benziger recht stark überarbeitet wurden, war ein wichtiges Thema zwischen Autorin und Übersetzerin. An den Eingriffen des Lektorats konnte man nach Bjelfvenstams Worten beispielsweise ziemlich gut erkennen, wie sich das Konzept Familie in Nordeuropa von dem im deutschsprachigen Raum unterschied: „In Deutschland war der Vater das Familienoberhaupt“, eine Idee, die dem Muminvater in den Originaltexten nicht so ganz entsprach. Dieses und andere Details wurden dann vom Lektorat immer wieder geglättet, „um die deutschsprachigen Kinder nicht zu überfordern“, wie man damals dachte.

Moderatorin Maidt-Zinke ist selbst seit ihrer Kindheit Mumin-Fan und war nach eigenen Worten trotz dieser Eingriffe seinerzeit sofort von den Büchern eingenommen, was ihrer Ansicht nach zeigt, welche literarische Kraft die Texte in ihrer Essenz haben. In den späteren Übersetzungen von Dorothea Bjelfvenstam und anderen Übersetzerinnen wurden solche entstellenden Eingriffe dann natürlich nicht mehr vorgenommen.

Zum Abschluss des vielseitigen und bewegenden Tove-Tages in Brake gab es noch Musik: Der Musiker und Muminexperte Christian Panse aus Bremen trug am Klavier Lieder aus verschiedenen Mumintheaterstücken, Filmen und Fernsehserien vor, und zwar in hervorragender eigener deutscher Übersetzung. Er zeichnet auch für die Erstübersetzung des Anfang 2022 auf Deutsch erschienenen allerersten Mumincomics „Mumin und der Weltuntergang“ von 1947 verantwortlich, der ebenfalls im Zusammenhang mit dem Tove22-Festival herausgegeben wurde. Dieser wunderbar konzipierte Tove-Tag bildete einen würdigen Abschluss für das Festival, und ich bin froh, dass ich dabei sein konnte. <3

Abschlussveranstaltung

„Kinderrechte sichtbar machen – Geschichten aus dem Mumintal von Tove Jansson“ am 17. September 2022 von 11 bis 13 Uhr im Museumsgarten bei der Kunstschule im Packhaus in Brake/Unterweser

Die Kunstschule im Packhaus hat eingeladen zu einer Abschlussveranstaltung des Kinderrechte Projektes, welches angeregt wurde durch die UN-Kinderrechtskonvention und inspiriert von den Geschichten aus dem Mumintal von Tove Jansson.
Alle waren eingeladen (teilnehmende Kinder, ihre Eltern, teilnehmende Institutionen und Mitglieder des Stadtrates). Trotz regnerischen Wetters sind zahlreiche Kinder und Erwachsene der Einladung gefolgt. Als Einstieg gab die Leiterin der Kunstschule als auch des TOVE22 Festivals, Barbara Müller einen kurzen Abriss über die Hintergründe und die Durchführung des Projektes.
Ein Laufzettel, gestaltet vom Künstler Stefan J Schaffeld, mit elf Stationen diente nicht nur als Information, sondern auch als Ausmalbild und Ticket zu einer abschliessenden Verlosung.
Die Veranstaltung hat eingeladen mitzumachen: vom gemeinsamen Lesen der Geschichte ‘Das Unsichtbare Kind’ von Tove Jansson mit verteilten Rollen, der Teilnahme an Klanglandschaften mittels verschiedener Musikinstrumente angeleitet von Musiktherapeutin Gaby Menzel, und der Betrachtung von Projektaktionen, die drinnen und draussen installiert waren.
Dipl. Psych. Jens Pannemann vom Kinderschutzbund hat in seinem Kurzvortrag eine Brücke geschlagen wie Kinder im alten Rom und im Mittelalter eher ‘unsichtbar’ gemacht wurden (Gewalt gegen Kinder war damals akzeptiert) bis heute, wo eine partizipatorische Einbindung von Kindern in Entscheidungsprozessen wichtig ist.
Das Thema von ‘unsichtbar – sichtbar’ war ein Leitfaden durch die Veranstaltung als ein visueller, auditiver und erlebbarer Rückblick auf das Projekt.
Das Kinder selbst-organsiert und demokratisch über ihre Rechte und Regeln entscheiden können, hat Mara anhand der Regel der ‘Mikro-Zeit’ erklärt, als die Zeit wo alle Ihre Aufmerksamkeit einem Kind / einer Person zuwenden. So sind Kinderrechte nicht nur etwas, um darüber zu reden, sondern vor allem, um sie zu leben.
Mit dem Projekt wollte die Kunstschule die kulturelle Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mittels eigener künstlerischer Gestaltungen fördern und ihren Stimmen Ausdruck geben, damit diese nicht unsichtbar bleiben. Eine Girlande aus Stoffresten mit den 42 Kinderrechten war im Garten installiert und wurde vom Regen sehr nass und schwerer. Dadurch bekamen sie mehr Gewicht. Vielleicht kann dies als Zeichen gesehen werden, um den Kinderrechten auch im Alltag, in Familie oder in der Schule mehr Gewicht zu geben. Damit hätte das Projekt als Impulsgeber einen nachhaltigen Sinn erfüllt.

Muministisches Wimmelfest

Das muministische Wimmelfest fand am 25. April 2022 im Museumsgarten in Brake/Unterweser statt.

Das Wimmelfest war gleichzeitig auch der Start eines Kinderrechte-Projektes. Eingebettet in der Welt der Mumintrolle konnte gespielt, gelacht, gelesen, gegessen und informiert werden. Mittels eines interaktiven Laufzettels konnten die Besucher den Überblick behalten – und zum Abschluss damit auch noch etwas gewinnen.
Typische Elemente aus der Muminwelt waren beim Fest zu erleben, z.B. das Stelzenlaufen oder ein Fotoshooting mit dem ‘unsichtbaren Kind’ Ninny. Aus Holzresten wurden fantastische Kreaturen geschaffen und im Lesezelt wurde die Geschichte „Das unsichtbare Kind“ von Tove Jansson gelesen, die vom heilenden Umgang mit einem zurückgezogenen Kind handelt, das buchstäblich wieder sichtbar werden kann. Gaby Menzel spielte auf ihrer fantastischen Drehorgel und zum Essen gab es Crêpes mit Apfelmus, den die Mumintrolle so gerne essen.
Zum Start des Kinderrechte-Projektes, welches angeregt wurde durch die UN-Kinderrechtskonvention, regten die insgesamt 42 Kinderrechte mittels humorvoller Fragen zum Nachdenken und Gestalten an. Nach dem Wimmelfest wurden im Sommer mit verschiedenen Kindergruppen deren Wünsche und Vorstellungen demokratisch und selbstorganisiert erarbeitet und gestaltet. Die Geschichte „Das unsichtbare Kind“ diente dabei als gemeinsamer Ausgangspunkt. Mit dem Projekt möchte die Kunstschule die kulturelle Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mittels eigener künstlerischer Gestaltungen fördern und ihren Stimmen Ausdruck geben, damit diese nicht unsichtbar bleiben.

Fotos: Barbara Müller, Stefan J Schaffeld, 2022

Finnischer Klezmer

Das Interesse an dem Nordic Klezmer Konzert der Gruppe Narinkka von Sampo Lassila war enorm. Das Schiffahrtsmuseum war mit rund 90 Zuhörern voll besetzt. Auch viele Mitglieder der Deutsch Finnischen Gesellschaft, die die Tournee der Musiker sponsort , waren aus nah und fern angereist und konnten im Vorfeld die Ausstellung und Garteninstallation zu Tove 22 besuchen . Die eigenwillige, betörende Musik des Quartetts , durchzogen von dunklen und weichen Tönen, ließ die Zuhörer eintauchen in skandinavische Mystik mit Stücken über Jazz und Folk bis zu Klezmer. Mal sentimental, mal berührend, dann wieder schroff und stark. Die virtuosen Musiker bestachen durch ihr perfektes Zusammenspiel voller Harmonie mit einer guten Portion Wehklang (NWZ 28. Mai 2022).

Bienvenue dans l´univers des Moumines

Am 13. Juni wuselten 64 Teenies (8. Klasse), je zur Hälfte aus Deutschland und Frankreich, im Rahmen ihres Schüleraustausches durch das idyllische Ensemble aus Schiffahrtsmuseum, Kunstschule und Garten. Sie konnten in verschiedenen Stationen ihren Austausch in den Festivalfarben auf einer großformatigen Leinwand reflektieren, die Ausstellung in gemischtsprachigen Tandems erarbeiten und Feedback geben, den Anfang der Erzählung von Tofsla und Vifsla in beiden Sprachen lesen und anschließend mit der „Geheimsprache“ der beiden Mini-Trolle experimentieren, sich für einen Erinnerungspass mit Aufsteller-Figuren aus Tove Janssons Welt fotografieren, und sich im Stelzenlaufen à la „Komet im Mumintal“ üben. Anschließend ging es mit der Personenfähre Guntsiet zum Picknick auf die Weserinsel Harriersand. Es war ein vergnüglicher Tag.

Moomin ABC

TOVE 22 beteiligt sich an der Initiative #MoominABC. Um die Idee von „Reading, Writing and the Moomins“ zu vermitteln, wurden bereits kleine Modelle der Wanderausstellung hergestellt. Weitere Informationen folgen in Kürze.

Outdoor- Galerie vom Schreibwettbewerb

Im Rahmen eines Schreibwettbewerbs am Braker Gymnasium wurden Schüler:innen der Klassen 5 bis 7 eingeladen, fantasievolle Geschichten zu den Mumins zu schreiben und zu illustrieren. Die Ergebnisse werden in einer Outdoorgalerie im Museumsgarten gezeigt.

Eröffnung der Ausstellung zum Tove 22 Festival in Brake

Am 25. April die Ausstellung Tove Jansson und die Mumintrolle – Die Welt war damals groß feierlich eröffnet. Zauberhaft mit Musik und Lesung wurde im Schiffahrtsmuseum Unterweser darauf eingestimmt, in die Welt der Mumins einzutauchen.

Buchvorstellung "Mumin und der Weltuntergang"

Die Buchvorstellung am 23.3.2022 im Haus  Borgstede und Becker im Schifffahrtsmuseum in Brake war ein voller Erfolg!

Lesungen "Geschichten aus dem Mumintal"

Im Haus Borgstede & Becker des Schiffahrtmuseums Brake fanden am 17. und 18. Dezember 2021 Lesungen aus dem Buch „Geschichten im Mumintal“ statt. 

Finnischer Fensterladen

Im Fensterladen der Kunstschule im Packhaus wurden vom 16. – 19. Dezember 2021 Artikel des Weihnachtsbasares der Finnischen Seemannsmission Hamburg angeboten, darunter viele Mumin-Artikel .

Illumination Trollvinter im Museumsgarten

In der Advents- und Weihnachtszeit 2021 gab es im Museumsgarten eine nordisch-märchenhafte Illumination, die die Atmosphäre eines der neun Muminbücher aufnimmt: Winter im Mumintal.

Kinofilm TOVE

Am 1. Dezember 2021 zeigten wir im Centraltheater Brake  als Avant-Première den Film TOVE  von Zaida Bergroth.

Pressespiegel

Interview mit der Ny Tid vom 2.3.2022

Ny Tid: Jorden går under is very soon available in German. What are your feelings right now? 
Barbara Müller: We are genuinely excited that a long-awaited missing piece in Tove Jansson’s literature will be available in German soon. We are very thankful for many contributors who granted support. We are more than happy and content to help promote the work, life and values of Tove Jansson in German-speaking countries.
Ny Tid: Who is the Georg von der Vring-Gesellschaft, and why did you come to translate our book into German? 
Barbara Müller: The Georg von der Vring-Gesellschaft preserves and spreads the artistic œuvre of painter, poet, essayist and novelist Georg von der Vring (1889 in Brake -1968 in Munich). He was first known for a bestselling autobiographic anti-war novel published in 1927. Nonetheless, he had an ambiguous relation to the Nazi regime. Later he was awarded for his poetry, mainly nature lyric. Last year we focused on his almost forgotten first wife, Therese, an early-accomplished expressionist painter herself who died too early in 1927. Facing pandemic conditions, we installed an outdoor exhibition in the local museums garden, which was well received. It is worthwhile to broaden our view and to ask how multi-gifted artists had coped with the catastrophes and crises of the 20th century. Where did the confidence come from? – This year we are organizing a festival, TOVE 22, a series of events to promote the work, life and values of Tove Jansson. While Tove Jansson is internationally famous as an iconic artist, she is relatively unknown in Germany. In our team, Moomin friend Christian Panse from Bremen has been meticulously collecting information on Tove Jansson for many years. He set up a site Virtuelles Muminforschungszentrum (virtual moomin research centre) www.zepe.de/mumin/. He had been thinking about publishing a translated version of Jorden går under for a long time and was happy that TOVE 22 finally allowed for this. However, he still hasn’t found out whether hemulens trust in serendipity or not.
Ny Tid: How do you think German friends of Moomin will react to this somewhat different Moomin comic?
Barbara Müller: Atos Wirtanen published the first Moomin comic strip in Ny Tid 75 years ago. There is a community of Moomin friends eagerly awaiting the first German version. We would be glad if they enjoy the various facets of this treasure chest: The graphic mastery, the wit, the humour and the outstanding role of this book in the origins of the Moomin world. We hope that the German translation from Christian Panse and the essay from literary critic Kristina Maidt-Zinke, who once personally met Tove Jansson, will be appreciated.
Furthermore, for all the German-speaking people not familiar with Moomin so far, we hope to provide new access to the spheres of Tove Jansson.